Mittwoch, 3. Mai 2006

Blaue Blume statt grüner Helme!

Gestern erzählte mir ein Freund eine Geschichte, die so schön ist, dass sie aufgeschrieben werden muss. Noch dazu, da sie vom Schreiben handelt! Vom Schreiben und von großen Gefühlen. Genauer: vom Entstehen großer Gefühle beim Schreiben. Also: von Poesie!
Die Rede ist von einem Verweigerungsschreiben.


Nun gehören jene Texte, die sich junge Männer im Wehrpflichtalter aus den Fingern saugen, um sich gegen eben jene „Pflicht“ zur Wehr zu setzen, nicht gerade zu den ersten Assoziationen, die einem durchs Hirn rauschen, wenn das Wort „Poesie“ das Hämmerchen im Ohr passiert. Und doch...

Aber nun endlich zur eigentlichen Geschichte! Sie ist schnell erzählt und geht so:
Als für den Freund die Zeit gekommen war, da man von ihm verlangte, sich in oliv zu kleiden, das Gewehr zu schultern und fortan nur noch brüllend zu konversieren, setzte er sich an den Schreibtisch, willens, seinem Vaterland kundzutun, dass es unter diesen Umständen auf seine Dienste leider werde verzichten müssen. Er schrieb alles nieder, und der traurige Aspekt der Geschichte ist, dass jener Text für immer verschollen ist. Es muss ein besonderer Text gewesen sein. Denn, so erzählte der Freund, er schrieb und schrieb, und je länger er schrieb, desto mehr rührten ihn die eigenen Worte ans Herz, so dass ihm gegen Ende tatsächlich die Tränen in die Augen stiegen. Womöglich ist gar eine der Tränen aufs Papier getropft! Ich bin sicher, der Adressat dieses Schreibens hat bei der Lektüre sein Sturmgewehr niedergelegt, ein Taschentuch gezückt und sich damit verstohlen seinerseits eine Träne aus dem Augenwinkel gewischt – gerade noch rechtzeitig, bevor Oberleutnant Hasenwickel (oder wie auch immer Oberleutnants heißen mögen) zur Tür hereingepoltert kam und zum Marsch blies. Allerdings ist dieser Teil der Geschichte so nicht überliefert und bleibt daher reine Spekulation.

Was außerdem bleibt, ist die gute Nachricht für alle (männlichen) Schüler, dass man nicht unbedingt Goethes Werther gelesen haben muss, um zu verstehen, was der Deutschlehrer meint, wenn er von „Sturm und Drang“ spricht. Es reicht schon ein Stück mit glühender Feder geschriebene Wehrdienstverweigerungsprosa. Obwohl es natürlich nie verkehrt ist, den Werther zu lesen. (Frauen finden das nämlich in hohem Maße sexy!)

2 Kommentare:

  1. aber selbst der am besten angezogene Mann der Welt kauft (manche seiner Klamotten) bei "Groß & Groß" ... !?

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  2. Der Kommentar - so berechtigt er ist - ist wohl verrutscht und gebührt dem Eintrag eins drüber.

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